Der Bienenstaat
oder
Wovon die Menschheit schon immer geträumt hat
So faszinierend schon die einzelne Biene ist – noch viel faszinierender ist der Blick auf die Gesamtheit der Bienen in einem Stock.Alle Bienen zusammen müssen wie ein einziges Lebewesen betrachtet werden. Das Bienenvolk wird auch als der “Bien” bezeichnet.
Der Organismus Bien ist im Grunde genommen unsterblich und seine ganze Kraft, sein Bestreben zielt auf die Zukunft des gesamten Volkes und das Fortbestehen des Bienenschwarms ab. Dieser Bienenschwarm kann miteinander über komplexe Sachverhalte kommunizieren, z.B. über die nahegelegenen Nektarquellen, über Wasserreservoire, über einen geeigneten neuen Nestplatz, wenn sie sich als neues Teilvolk mit der alten Königin aufmachen. Das geschieht über den sog. “Schwänzeltanz” aber auch über andere, noch nicht bekannte Mechanismen. Die Bienen agieren im Grunde genommen wie die “höherentwickelten” Spezies.
Wenn ein Honigbienenschwarm über seine zukünftige Wohnung entscheidet, praktiziert er direkte Demokratie.
Die Individuen aus einer Gemeinschaft, die an der Entscheidung mitwirken wollen, tun es nicht über Vertreter, sondern persönlich. Unter den wohnungssuchenden Bienen herrscht häufig ein heftiger Wettbewerb zwischen den Anhängern verschiedener Vorschläge: Manche Kundschafterinnen setzen sich energisch für eine gemütliche Höhle in einem Baum ein, während andere begeistert Werbung für einen zweiten, dritten oder sogar vierten erstrebenswerten Wohnort machen. Es handelt sich aber stets um einen freundlichen Wettbewerb: die Kundschafterinnen sind sich darüber einig, was ein ideales Zuhause ausmacht, sie haben das gemeinsame Ziel, die beste verfügbare Stelle auszuwählen, sie geben ihre Informationen vollkommen ehrlich weiter, und am Ende sind sie sich über den neuen Wohnort einig. Von den Bienen können wir etwas Wertvolles lernen: ein offener, fairer Wettbewerb der Ideen ist eine kluge Lösung der Aufgabe, eine Entscheidung auf Grundlage zahlreicher Informationen, die sich über eine Gruppe von Individuen verteilen, zu fällen. (Quelle: Deutschlandfunk / Bienen, Immen, Sumseriche).
„Das Wichtigste aber, was wir davon hoffen, ist die Wirkung und Macht des Beispiels.“
PETER JOSE LENNÉ
Die Bienen
Bienen gibt es – erdgeschichtlich gesehen – seit es Blütenpflanzen gibt, also etwa seit 100 Millionen Jahren (zum Vergleich: der heutige moderne Mensch seit etwa 200.000 Jahren). Möglicherweise haben sich aber auch erst die Blütenpflanzen herausbilden könne, weil es Insekten wie die Vorläufer der heutigen Bienen gab, die es durch ihr pollenbindendes Haarkleid erst ermöglichten, eine Befruchtung der Pflanzen über diesen Mechanismus herbeizuführen. Das eine bedingt das andere, aus den Möglichkeiten gestaltet sich die Natur. Aus dieser Symbiose von Pflanze und Tier heraus, aus “Nahrung gegen Verbreitung”, nahmen vor Jahrmillionen die heutigen Arten und Formen der Bienen der Familie der Apiformes Gestalt an, wurden Realität. Aber nicht nur zu einer Art, sondern zu über 20.000 Arten. Allein zu den Echten Bienen gehören 14.000 Unterarten, eine davon ist die Unterfamilie der Apis, der Honigbienen mit 9 Arten. Das Prinzip Biene ist damit sehr variierbar, erfolgreich und langlebig.
Diese 9 Arten verteilen sich über fast den gesamten Erdball, 8 Arten im asiatischen Raum, nur eine davon auf der Nordhalbkugel und in Nordafrika – die Westliche Honigbiene Apis mellifera.
Was zeichnet nun diese Art aus, das Menschen seit Urzeiten zu ihr eine besondere Verbindung haben? Ein paar Beispiele:
Honigbienen (Apis mellifera) sind die einzigen, die große Mengen an Honigvorräten anlegen. Anders als andere Bienen erzeugen sie mehr vom “flüssigen Gold”, als sie verbrauchen. Der Mensch nun erntet einen Teil des Überschusses für sich. Aber das ist bei weitem nicht alles.
Honigbienen bestäuben auch 80% aller Blütenpflanzen, was eine große Leistung ist, wenn man bedenkt, dass auch andere Insekten dies tun können. Aber damit nicht genug.
Honigbienen leben arbeitsteilig und staatenbildend und überwintern als ganzes Volk. Das haben sie als Insekten nur noch mit bestimmten Arten von Ameisen und Termiten gemeinsam. Das ist auch deshalb ein Wunder, weil sie es auch geschafft haben, so die strengen Winter (ausserhalb und im Stock bis 60° Unterschied) auf der Nordhalbkugel bis zum Polarkreis erfolgreich zu überstehen. Ihr System von Heizung, Reduzierung auf das Wesentlichste und Zirkulation der Bienen innerhalb der “Winterkugel” ist ein Wunder.
Honigbienen (Apis mellifera) leben ganz im Rhythmus der Sonne und der Jahreszeiten. Als Frühlingsbotin ist die Biene das heilige Tier der Fruchtbarkeitsgöttin Persephone. Sowohl der Aufbau der sechseckigen Bienenwabe und der des Bienenvolkes mit der Königin als Mittelpunkt als auch das soziale Wesen der Bienen sind Sonnensignaturen. Bienen orientieren sich auch am Sonnenstand, wenn sie durch kreisförmige, tänzelnde Bewegungen („Schwänzeltanz“) und Duftmarken anzeigen, wo sich die nächstbeste Futterquelle befindet. Die Bienen halten bedeutende → Heilmittel für den Menschen bereit.
»Die Erfahrung lehrt, das kein Tier als vernünftiges Tier
dem Menschen so gleicht wie die Bienen. Ihre natürliche Weisheit
kann nicht geleugnet werden.« (Paracelsus)